DIE ARBEITS­SCHUTZ­PFLICHTEN

Arbeitsschutz

Zoom Fatigue – wie umgehen mit dem neuen Phänomen?

Neue Zeiten bringen neue Herausforderungen mit sich. Die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass viele Meetings virtuell abgehalten wurden. Diese Häufung an Online-Konferenzen hat zu einem neuen Symptom geführt: der sogenannten Zoom-Fatigue. Was verbirgt sich dahinter und wie kann der Arbeitsschutz auf dieses Thema reagieren?

Das neue Phänomen Zoom-Fatigue oder Zoom-Müdigkeit bezeichnet laut Definition die Müdigkeit und die Erschöpfung, die nach vielen virtuellen Meetings hintereinander auftritt. Im Home Office der Pandemiezeit folgte Call auf Call, teilweise ohne Unterbrechung und ohne jede physische Aktivität der Teilnehmenden zwischen mehreren Videokonferenzen. Diese ungewohnte Form des Austauschs in der Gruppe hat Folgen. Das Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) hat vor diesem Hintergrund im September vergangenen Jahres eine Umfrage bei 422 Führungskräften mit Personalbezug zu diesem Phänomen durchgeführt. Fast 60 Prozent der Befragten (251 Personen) gaben an, dass sie Zoom-Müdigkeit spüren. Das Institut fragte auch nach Intensität und Häufigkeit dieser Wahrnehmung. 77,7 Prozent der Betroffenen sagten, dass sie die Müdigkeit nur manchmal wahrnehmen. Nur für 14,7 Prozent der Betroffenen ist das Phänomen eine dauerhafte Belastung.

Symptome von Zoom-Fatigue

Die Zoom-Müdigkeit zeigt sich bei den Betroffenen in unterschiedlichen Symptomen. Eine Tendenz ist eindeutig: Nahezu jeder Betroffener von Zoom-Fatigue gibt an, unter schlechterer Konzentration zu leiden. Rund 50 Prozent klagen über Ungeduld und dass sie sich genervt fühlen. Etwa ein Drittel spürt sich als leichter reizbar und ohne Balance. Rund 30 Prozent der von Zoom-Fatigue Betroffenen klagen über Kopf- und Rückenschmerzen sowie Sehstörungen. Schlafstörungen, Fahrigkeit und unwirsches Verhalten gegenüber Mitmenschen nehmen immer noch 10 bis 15 Prozent der Betroffenen wahr. Laut IBE entsprechen diese Ergebnisse vielen Studien aus dem Arbeitsschutz. Diese empirischen Untersuchungen, dass sich Belastungen in Stufen entwickeln. In Stufe 1 tritt häufig ein veränderter Umgang mit der jeweiligen Situation auf. Bei Stufe 2 sind bereits körperliche Probleme wie Kopfschmerzen zu verzeichnen. In Stufe 3 steigern sich die psychischen und physischen Symptome deutlich: Die Betroffenen klagen über Magen- und nachhaltige Gliederschmerzen.

Welche Faktoren belasten besonders?

Um das Problem Zoom-Fatigue angehen zu können, ist es ist nötig, die Faktoren zu identifizieren, die bei virtuellen Besprechungen besonders belasten. Was führt schlussendlich zu Zoom-Fatigue? Welche Praktiken tragen hierzu besonders stark bei? Bei der Analyse ist festzustellen, dass die Zahl möglicher Belastungsfaktoren hoch ist. Insbesondere zwischenmenschliche Themen sind von besonderer Bedeutung, wie etwa Gestik und Mimik der anderen Teilnehmer nicht sehen zu können. Auch Small Talk ist bei virtuellen Konferenzen nicht möglich, um einen von zahlreichen Punkten in diesem Komplex aufzuführen. Auch die Spezifika der Organisation zählen zu den Belastungsfaktoren, die eindeutig zu identifizieren sind. Nicht zuletzt spielt die Technik ebenfalls eine wichtige Rolle.

Menschliche Interaktion ist der Knackpunkt

70 Prozent der Betroffenen von Zoom-Fatigue klagen darüber, dass sie das Fehlen non-verbaler Hinweise stark belaste. Rund 45 Prozent weisen explizit darauf hin, wie problematisch mangelnde Gestik und Mimik sind. Bei knapp mehr als der Hälfte wirkt sich fehlendes Netzwerken und Small Talk derartig gravierend aus, dass sie es als belastend empfinden. Offenbar sei die fehlende menschliche Interaktion der wichtigste Belastungstreiber, schlussfolgern die Experten des IBE. Auch organisatorische Rahmenbedingungen von virtuellen Konferenzen können eine Belastung darstellen. Fast die Hälfte der Personen, die angeben, unter dem Phänomen zu leiden, klagen über mangelnde Pausen zwischen den virtuellen Konferenzen. Außerdem können technische Probleme wie schlechte Tonqualität an den Nerven zehren. Erstaunlicherweise geben die Studienteilnehmer an, dass das Gefühl beobachtet zu werden nur als wenig belastend empfunden wird. In der öffentlichen Diskussion zu dem Thema wird gerade dieser Faktor häufig als Stressor angeführt.

So können Unternehmen Abhilfe schaffen

Laut IBE sei Zoom-Müdigkeit eine Entwicklung, der Unternehmen aktiv begegnen müssen. Andernfalls bestehe eine sehr große Gefahr, dass die physische oder psychische Gesundheit der Beschäftigten beeinträchtigt werde. Dies kann in weiterer Konsequenz zu verminderter Leistungsfähigkeit, höheren Krankenständen und sinkender Motivation und Produktivität führen. Die Fachleute der IBE stellten mehrere Möglichkeiten zur Diskussion, um die Problematik zu verhindern:

  • Künstliche Pausen (5-10 Minuten) in den virtuellen Konferenzen
  • Pausen (ca. 10 Minuten) zwischen den Onlinemeetings
  • Moderation der virtuellen Meetings, die auch Humor einstreut
  • Moderation der virtuellen Konferenzen, die alle Teilnehmende mit einbezieht
  • Begrenzung der Meeting-Zeit
  • Zeitslots für die Themenfelder im virtuellen Meeting
  • Tools, die über einen „Together Mode“ verfügen/Schaffung einer Wahrnehmung, dass alle in einem Raum sitzen
  • Tools, die die Blickrichtung einer Person korrigieren / Attention Correction

Die Befragten gaben an, dass sie eine Begrenzung der Meeting-Dauer sowie Pausen zwischen den Konferenzen als besonders sinnvoll einschätzen. Jeweils über 70 Prozent der Auskunftgeber vertraten diese Meinung zu den beiden Punkten. Eine humorvolle Leitung des Meetings schätzen 55,7 Prozent als eine sinnvolle Maßnahme ein. 40,2 Prozent plädieren dafür, die Zahl der Teilnehmenden an virtuellen Meetings stark zu begrenzen. Künstliche Pausen werden von 37,5 Prozent als wirksam eingeschätzt. Zeitslots für die Themenfelder würden 30,8 Prozent begrüßen. Tools mit Together-Mode oder Attention Correction-Funktion erscheinen 30,0 beziehungsweise 15,5 Prozent als sinnvolle Maßnahme.

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