DIE ARBEITS­SCHUTZ­PFLICHTEN

Arbeitsschutz

Die DGUV Unfallverhütungsvorschriften auf einen Blick (1): Verbindliche Grundsätze der Prävention für Unternehmer und Beschäftigte im Arbeitsschutz

Mit den Grundpflichten des Unternehmers startet unsere Textreihe zu den DGUV Unfallverhütungsvorschriften. Gemeinsam mit dem staatlichen Arbeitsschutz sind sie die verbindliche Rechtsnorm für Unternehmer und unfallversicherte Beschäftigte in Deutschland.

Dualismus im deutschen Arbeitsschutz

Der Gesundheitsschutz von Beschäftigten und die Prävention von Arbeitsunfällen sind in Deutschland dualistisch geregelt. So gibt es den gesetzlich verankerten staatlichen Arbeitsschutz und parallel dazu Vorschriften der Unfallversicherungsträger. Denn das Siebte Buch Sozialgesetzbuch verpflichtet Unfallversicherungsträger, „an der Entwicklung, Umsetzung und Fortschreibung der gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie gemäß den Bestimmungen des Fünften Abschnitts des Arbeitsschutzgesetzes und der nationalen Präventionsstrategie“ teilzunehmen (§ 14 ff. SGB VII).

DGUV Vorschriften sind rechtlich verbindlich

Gemeinsam agieren staatliche und berufsgenossenschaftlicher Institutionen bei der Beratung und Überwachung zum Thema „Arbeitsschutz“ in den Unternehmen. Die Vorschriften des Branchen-Spitzenverbands Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) sind verbindliche Rechtsnormen für Unternehmer, versicherte Arbeitnehmer sowie Beschäftigte von Partnerfirmen, selbst wenn diese ihren Sitz im Ausland haben (DGUV Vorschrift 1, Erstes Kapitel).

Die DGUV Vorschriften werden durch ein umfangreiches Regelwerkwerk ergänzt, das sich auf die einschlägigen Arbeitsschutzgesetze und den Stand der Regeln und Technik stützt.

DGUV Vorschrift 1

Zweites Kapitel: Pflichten des Unternehmers

§ 2 Grundpflichten des Unternehmers

(1) Der Unternehmer hat die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe zu treffen. Die zu treffenden Maßnahmen sind insbesondere in staatlichen Arbeitsschutzvorschriften (Anlage 1), dieser Unfallverhütungsvorschrift und in weiteren Unfallverhütungsvorschriften näher bestimmt. Die in staatlichem Recht bestimmten Maßnahmen gelten auch zum Schutz von Versicherten, die keine Beschäftigten sind.

Inländische wie in Deutschland tätige ausländische Unternehmer sind für alle Arbeitsschutzmaßnahmen verantwortlich. Wonach sich diese zu richten haben, wird beispielhaft in Anlage 1 genannt. Diese Aufzählung nennt unter anderem folgende staatlichen Arbeitsschutzvorschriften:

  • Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
  • Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
  • Baustellenverordnung (BaustellV)
  • Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV)
  • Biostoffverordnung (BioStoffV)
  • Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
  • Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
  • Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV)
  • Lastenhandhabungsverordnung (LasthandhabV)
  • PSA-Benutzungsverordnung (PSA-BV)
  • Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)
  • Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch künstliche optische Strahlung (OStrV)

Welche Maßnahmen im konkreten Fall vom Unternehmer zu treffen sind, ergibt sich aus der in § 3 DGUV Vorschrift 1 behandelten Gefährdungsbeurteilung.

Die DGUV empfiehlt, in allen Präventionsfragen mit der Personal- oder Betriebsvertretung zusammenzuarbeiten. Sind Beschäftigte im Ausland tätig, hat der Unternehmer zu prüfen, inwieweit an deren Einsatzort nach Gefährdungsbeurteilung staatliche Arbeitsschutzvorschriften und Unfallverhütungsvorschriften anzuwenden sind.

Außerdem stellt das DGUV Regelwerk klar, dass der gesetzliche Auftrag der Unfallversicherungsträger auch für Unternehmer und Versicherte gilt, die nicht durch staatliche Arbeitsschutzvorschriften erfasst sind.

Gegenüber dem staatlichen Arbeitsschutzrecht ist der Geltungsbereich von Unfallverhütungsvorschriften weiter gefasst. Um Doppelregelungen oder Ausschlüsse zu vermeiden, wird auf Grundlage von § 15 Absatz 1 SGB VII die Möglichkeit eingeräumt, die Bestandteile von staatlichen Arbeitsschutzvorschriften an die Unfallverhütungsvorschriften anzupassen.

(2) Der Unternehmer hat bei den Maßnahmen nach Absatz 1 von den allgemeinen Grundsätzen nach § 4 Arbeitsschutzgesetz auszugehen und dabei vorrangig das staatliche Regelwerk sowie das Regelwerk der Unfallversicherungsträger heranzuziehen.

Diese Grundsätze sind:

  1. Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und die psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst geringgehalten wird.
  2. Gefahren sind an ihrer Quelle zu bekämpfen.
  3. Bei den Maßnahmen sind der Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen.
  4. Maßnahmen sind mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und Einfluss der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen.
  5. Individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen.
  6. Spezielle Gefahren für besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen sind zu berücksichtigen.
  7. Den Beschäftigten sind geeignete Anweisungen zu erteilen.
  8. Mittelbar oder unmittelbar geschlechtsspezifisch wirkende Regelungen sind nur zulässig, wenn dies aus biologischen Gründen zwingend erforderlich ist.

An dieser Stelle wirft das Regelwerk die Frage auf, um welche Maßnahmen im Einzelnen es sich handeln muss, um die Schutzziele von Arbeitssicherheit und Unfallprävention zu erreichen. Dem Unternehmer wird ein Spielraum geboten, innerhalb dessen er die in der Vorschrift genannten Regelwerke als Hilfestellung nutzen kann.

Sollte es für die Lösung einer bestimmten Gefährdungssituation derzeit kein staatliches Regelwerk und keine speziellen Unfallverhütungsvorschriften geben, können die Regeln der Unfallversicherungsträger als Unterstützung für sachgerechte Präventionsmaßnahmen angesehen werden. Das DGUV Regelwerk ist damit eine Orientierungshilfe ohne Anspruch auf eine verpflichtende Geltung – im Gegensatz zur Vorschrift.

(3) Der Unternehmer hat die Maßnahmen nach Absatz 1 entsprechend den Bestimmungen des § 3 Absatz 1 Sätze 2 und 3 und Absatz 2 Arbeitsschutzgesetz zu planen, zu organisieren, durchzuführen und erforderlichenfalls an veränderte Gegebenheiten anzupassen.

(4) Der Unternehmer darf keine sicherheitswidrigen Weisungen erteilen.

Diese Bestimmung gilt analog § 15, wo die Pflicht des Versicherten geregelt ist, keine sicherheitswidrigen Weisungen zu befolgen.

(5) Kosten für Maßnahmen nach dieser Unfallverhütungsvorschrift und den für ihn sonst geltenden Unfallverhütungsvorschriften darf der Unternehmer nicht den Versicherten auferlegen.

Nach § 3 Abs. 3 Arbeitsschutzgesetz trägt der Unternehmer die Kosten für Arbeitsschutzmaßnahmen, etwa das Bereitstellen von Schutzausrüstung, deren Wartung oder damit verbundene Schulungen.

Diese Artikel ist Teil einer mehrteiligen Beitragsreihe. Diese beschreibt verpflichtende Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren zur Gestaltung eines „gesunden Unternehmens“.

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